FÖRDERKREIS INDUSTRIEMUSEUM GEESTHACHT e.V.



Sehr geehrte Besucherin, sehr geehrter Besucher,

wir heißen Sie zu der ersten Online-Ausstellung des Förderkreises Industriemuseum Geesthacht e.V. herzlich willkommen!

Hier erhalten Sie einen knappen Überblick über die Anfänge der industriellen Entwicklung der heutigen Stadt Geesthacht.

Diese Entwicklung beginnt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Ansiedlung zweier Sprengstofffabriken. In der Nähe der Ortschaft Geesthacht, auf dem Krümmel, gründete Alfred Nobel eine Nitroglycerinfabrik und in der Umgebung des Dorfes Besenhorst, in den Besenhorster Sandbergen, pachtete Max Duttenhofer Land für den Aufbau einer Pulverfabrik.
Mit der enormen Nachfrage nach Sprengmitteln für Berg- und Tunnelbau, Eisenbahnbau und militärische Zwecke bis hin zu den Produktionen für die beiden Weltkriege wuchsen die Fabrikanlagen zu Geländen von mehreren Quadratkilometern. Sie schufen eine eigene Infrastruktur zur Energieversorgung, Import und Export von Rohstoffen und Fertigprodukten, eine Wohn- und Versorgungswelt ihrer Arbeiter und Angestellten und zogen neue Ansiedlungen von Zulieferbetrieben und von Menschen nach sich, die hier Arbeit fanden. Ihre wirtschaftliche Bedeutung reichte weit über Geesthacht hinaus in die Region.
Die beiden Sprengstoffabriken produzierten bis 1945. Dies umfasst einen Zeitraum von 80 bis 90 Jahren mit sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen, technischen, politischen und sozialen Voraussetzungen für die Herstellung von Pulver und Dynamit. Hier können Einflüsse und Folgen auf die Stadtentwicklung nur angedeutet werden. Auch die vielen verschiedenen Perspektiven auf die betriebliche Organisation und die technischen Innovationen in der damaligen Sprengstoffindustrie mussten stark verkürzt werden. Wir hoffen jedoch, dass ein Bild von Geesthachts bedeutender Industrie-Geschichte entsteht, dass Sie Gebäude, Straßen und Plätze mit anderen Augen sehen und vielleicht aufsuchen lässt.

Das "Pulvercafé": Imbiss in einem Bunker im Rahmen eines historischen Spaziergangs im ehemaligen Betriebsteil "Birke" der Düneberger Sprengstofffabrik


Wenn Sie ihre Kenntnisse zum Thema Pulver- und Dynamitfabriken vertiefen möchten, buchen Sie einen historischen Spaziergang über die Gelände der ehemaligen Sprengstoffabriken beim Förderkreis Industriemuseum Geesthacht. Teile der früheren Betriebsgebäude der Fabriken liegen heute in den schönsten Naherholungsgebieten um Geesthacht, umwuchert von Farnkraut, Birken und Kiefern.

Der Förderkreis Industriemuseum Geesthacht engagiert sich für den Aufbau eines Industrie- und Technikmuseums mit einem zeitgemäßen interaktiven Vermittlungskonzept und setzt sich insbesondere für die Erhaltung des Krümmeler Wasserturms der früheren Dynamitfabrik ein.

Wir freuen uns, wenn Sie unsere Arbeit unterstützen!

Carl Duttenhfer

Max Wilhelm Duttenhofer

Alfred Nobel

Alfred Nobel, Carl Duttenhofer

Alfred Nobel & Co - Die erste Dynamitfabrik der Welt

Die Krümmeler Dynamitfabrik geht auf Alfred Nobel (1833-1896; auf dem Bild unten als junger Mann) zurück. Er gründete 1865 in den einsam gelegenen Schluchten und Sandhügeln des Geesthangs, der Krümmel genannt, zunächst eine Nitroglycerinfabrik.

Das Gebiet war 42 Hektar groß, lag nahe der Elbe und schien weit genug von der Ortschaft Geesthacht entfernt, um Sicherheitsbedenken auszuschließen. Der Krümmel gehörte ehedem zum Gutsbezirk des Grafen Kielmannsegge.

Die Erlaubnis, Nitroglycerin zu produzieren, erteilte die Königlich-Preussische-Herzogliche Lauenburger Regierung. Es war nicht die erste Nitroglycerinfabrik Nobels, aber es war die erste, in der er die Aktienmehrheit hielt und die daher den Namen "Alfred Nobel & Co." trug.

Teilhaber der Firma waren verschiedene Hamburger Kaufleute und Finanziers, darunter das Unternehmen Wilhelm und Theodor Winkler und der Wirtschaftsjurist Dr. C. E. Bandmann. Das Büro der Firma war in der Bergstraße 10 in Hamburg untergebracht. Bei der Nitroglycerinfabrik auf dem Krümmel befand sich Nobels Laboratorium.

Kupferstich der ersten Fabrikanlage (um 1880)

Die Dorfschaft Geesthacht auf einer Karte von 1754

Nitroglycerin ist ein hochbrisanter Sprengstoff. Die meisten Unfälle ereigneten sich bei seiner Herstellung, bei seinem Transport und bei unsachgemäßer Handhabung.

Der französische Regisseur Henri-Georges Clouzot machte 1952 in seinem Klassiker "Lohn der Angst" (mit Yves Montand und Charles Vanel) die Gefahr des Transportes von Nitroglycerin zum Thema.

Mit dem Sprengstoff sollte in Clouzots Film das Feuer auf einem Erdölfeld zum Erlöschen gebracht werden.

Schon die erste Abbildung der Fabrikanlage läßt erkennen, dass die Gebäude zur Herstellung und Lagerung des Sprengöls auseinanderlagen und von Schutzwällen umgeben waren. Der Schaden, der bei einer Explosion entstand, blieb so auf das isolierte Gebäude beschränkt.

Das Transportproblem wollte Nobel umgehen, indem er in verschiedenen Ländern Nitroglycerinproduktionen gründete und sich dort jeweils sein Herstellungsverfahren patentieren ließ. Um der unsachgemäßen Handhabung des Sprengöls entgegenzuwirken, versandte Nobel genaue Beschreibungen und Gebrauchsanweisungen des Stoffes an Kunden und potentielle Abnehmer. Außerdem reiste er mit Proben zu Bergwerken und Baustellen, um Vorführungen seines Sprengstoffes zu geben. Zu seinen Interessenten gehörte natürlich auch das Militär.

Nobel hielt sich 1866 in den USA auf, als die Fabrik auf dem Krümmel zum ersten Mal explodierte. Dies war der Anlass für Nobel, seine Experimente zur Phlegmatisierung des Nitroglycerins wiederaufzunehmen. Das Ergebnis seiner Versuche in der Krümmeler Anlage war eine Mischung aus Nitroglycerin und Kieselgur. Nobel nannte den neuen Sprengstoff Dynamit und erwarb Patente zu seiner Herstellung in verschiedenen Ländern. Es folgten weitere Erfindungen, darunter 1875 die "Sprenggelatine".

Bereits 1873 verließ Nobel Deutschland und zog nach Paris. In diesem Zeitraum von 7 Jahren gründete er in Europa 14 Dynamitfabriken.


Max von Duttenhofer und die Düneberger Pulverfabrik

Max Wilhelm Duttenhofer wurde 1843 in Rottweil am Neckar geboren. Er war der Sohn eines Apothekers, der 1853 Teilhaber der Pulverfabrik in Rottweil wurde. Sie trug den Namen "Flaiz & Duttenhofer". Da Max die elterliche Pulvermühle mehr interessierte als die Apotheke, betrieb er zusätzlich zu einer Apothekerlehre chemische Studien an der polytechnischen Schule in Stuttgart.

Bereits mit 20 Jahren wurde er Leiter der Pulvermühle. Als der Deutsch- Französische Krieg 1870/71 der deutschen Pulverindustrie einen deutlichen Aufschwung brachte, erweiterte Duttenhofer seinen Betrieb um zwei Anlagen und wandelte die Firma in eine Aktiengesellschaft um. Vorstandsvorsitzender und Direktor der "Pulverfabrik Rottweil" wurde er selber.

Da Rottweil für das Exportgeschäft von Pulver ungünstig lag, pachtete Duttenhofer 1876 von Otto von Bismarck ein Grundstuck an der Elbe. Es waren die Besenhorster Sandberge in der Nähe des Dorfes Besenhorst, unweit der Ortschaft Geesthacht. Fünf Kilometer elbaufwärts betrieb die Gesellschaft "Alfred Nobel & Co." eine Dynamitfabrik. Bismarck selbst soll der neuen Fabrik den Namen "Düneberger Pulverfabrik" gegeben haben.

Zum Leiter berief Max seinen Bruder Carl Duttenhofer, der bis 1921 erster Direktor der Düneberger Pulverfabrik war.

Carl Duttenhofer begann 1877 mit dem Aufbau der Zweigniederlassung Düneberg. 1878 begann das Exportgeschäft. Die Gesellschaft Duttenhofers trug nun den Namen "Pulverfabrik Rottweil-Hamburg".


Max Duttenhofer widmete sich ähnlich wie Alfred Nobel als Chemiker und Ingenieur der Verbesserung seiner Produkte und ihrer Herstellung und war gleichzeitig Unternehmer. Er erwarb in den folgenden Jahren sechs weitere Pulverfabriken in Süddeutschland und im Harz. Die Verkaufskontore lagen in Hamburg und in Belgrad.

Um 1882 gelang Duttenhofer die Entwicklung des braunen prismatischen Pulvers, das lange den Markt für schwere Geschütze und Schiffsartillerie beherrschte. Als 1889 die Herstellung eines Blättchenpulvers durch die Gelatinierung von Schießbaumwolle gelang, stellte Max Duttenhofer die Produktion seiner Fabriken auf das neue Verfahren um.

Der Einfluß Duttenhofers in der Sprengstoff- und Maschinenbauindustrie war erheblich. Er war nicht nur Aufsichtsratsvorsitzender des Generalkartells "Vereinigte Köln-Rottweiler Pulverfabriken", sondern auch Mitbegründer der "Russischen Gesellschaft für Pulverproduktion" und ähnlicher Gesellschaften in England, Holland und Japan. Er saß (u.a.) in den Vorständen der Daimler-Motoren Gesellschaft, der Mannesmannröhren-Werke und der Nobel-Dynamite- Trust Company. Der König von Württemberg verlieh ihm den persönlichen Adel.

Max von Duttenhofer starb 1903, sein Bruder Carl im Jahre 1921.




Besenhorst auf einer Karte von 1879

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